Gewalt gegen Schiedsrichter: Wir sind nicht ohnmächtig!

Ein Schiedsrichter in Hessen wird mit einem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen. Ein Spieler hatte ihn verprügelt, nachdem er eine gelbrote Karte gezeigt hatte. In Berlin wird ein Unparteiischer nach dem Abpfiff ins Gesicht geschlagen. In Köln gibt es Jagdszenen gegen einen Unparteiischen in der Kreisliga D. Was ist los auf Deutschlands Fußballplätzen?

Gewalt gegen Schiedsrichter: Wir sind nicht ohnmächtig!

Eine Positionierung von FVM-Präsident Bernd Neuendorf:

Bisher, so durfte man zumindest annehmen, waren Pöbeleien, Drohungen, ja offene Gewalt gegen Schiedsrichter auf unseren Fußballplätzen tabu. Aber, es scheint, als würde dieser eherne Grundsatz nicht mehr überall gelten. Das Klima in unserer Gesellschaft – so scheint es – ist rauer geworden. Respekt ist vielerorts zu einem Fremdwort geworden. Die Analyse, wonach der Hass, der Referees bisweilen entgegenschlägt, Ausdruck von gesamtgesellschaftlichen Problemen ist, ist durchaus richtig.

Aber am Beispiel der Gewalt gegen unsere Schiedsrichter wird für mich auch etwas anderes deutlich: Die Verantwortung des Verbandes geht weit über den eigentlichen Fußball hinaus. Nicht nur die Politiker, wir alle müssen uns noch stärker die Frage stellen, in welcher Gesellschaft wir in Zukunft leben wollen. Und wir müssen uns darüber bewusst werden, dass wir als Verband und Vereine keinesfalls ohnmächtig sind. Wir sind ein starker und ein wichtiger Teil dieser Gesellschaft. Also haben wir auch Einfluss auf das Zusammenleben unseres Gemeinwesens. Wir tragen – wie viele andere gesellschaftliche Gruppen auch – mit Verantwortung dafür, wie und wohin sich unser Land entwickelt. Der FVM ist nicht der Reparaturbetrieb für alle sozialen Missstände. Wir haben aber durchaus Möglichkeiten, unliebsamen Entwicklungen entschieden entgegenzutreten und die positiven Werte des Sports in den Vordergrund zu rücken. Jede und jeder an ihrem und seinem Platz.

Anstand, Fairness, Respekt, Gewaltlosigkeit: All das lässt sich nur gemeinsam angehen. Wir als Verband, die Vereine, die Spielerinnen und Spieler, Trainerinnen und Trainer, die Zuschauer – alle können mit kleinen Gesten und einer klaren Haltung deutlich machen, dass Beschimpfungen und Attacken, gegen wen auch immer, nicht geduldet werden. Für uns ist klar: Der Fußballplatz ist kein rechtsfreier Raum, in dem man seine Gewaltphantasien, seine Emotionen einfach ungehemmt ausleben kann. Wir können und dürfen nicht achselzuckend zur Tagesordnung übergehen, wenn Dinge aus dem Ruder laufen. Es gibt – auch im FVM – eine Menge guter Konzepte und Beschlüsse, wie man mit Gewalt auf dem Platz umgehen kann. Sie müssen von uns gemeinsam gelebt und umgesetzt werden.

Wo ein respektvolles Miteinander nicht möglich ist, wo Unbelehrbare Grenzen überschreiten, da müssen wir von unseren rechtlichen Möglichkeiten konsequent Gebrauch machen. Sportgerichte haben die Möglichkeit, harte Strafen gegen diejenigen auszusprechen, die meinen, Schiedsrichter und Andere auf dem Fußballplatz angreifen und beleidigen zu können. Und schließlich haben die Opfer physischer Gewalt auch die Möglichkeit, Anzeige zu erstatten. All das entledigt uns aber nicht unserer Aufgabe, vor und während eines Spiels alles zu tun, damit Gewalt erst gar nicht aufkommen kann. Bei der Vermittlung von verbindlichen und verbindenden Werten sind alle gefordert: Eltern, Schulen, Kirchen, kulturelle Einrichtungen. Aber eben auch der Sport.

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